Fotografien auf Aquarellpapier, koloriert, 56 x 85 cm + 21 x 32 cm, Edelstahlrahmen, 2023, Unikate
———
Was ist überhaupt ein Bild? Und was repräsentiert es? Ist es mehr als nur ein Illusionismus? Fragen wie diese führen Graschopf zu Werkformulierungen, die die Grenzen der Fotografie ausloten. Die Materialien gehen dabei schon darüber hinaus, was in der klassischen Fotografie verwendet wird. So appliziert sie Emulsion auf Träger wie Beton oder Schleifpapier, die sie dann belichtet. Es sind haptische Stoffe, die sie einsetzt – analog zu den Motiven, die sie anfertigt. In ihnen baut sie Spannungen auf, die Räume und Körper in Beziehung zueinander setzen. Die Künstlerin spitzt die Thematik noch zu, indem sie das Spiel mit dem illusionistischen Wesen des fotografischen Bildes um die Ebene des Raums erweitert. Sie belichtet großformatige Motive auf Wänden, die mit der spezifischen architektonischen Situation korrespondieren. Darstellungen von Frauen in Räumen spiegeln dabei die Konstellation von physisch anwesenden Betrachtenden – beim Anschauen wird man Teil einer selbstreflexiven Installation bzw. Intervention.
Die Werke sind in der Regel Einzelstücke, die das reproduktive Wesen der Technik untergraben. Graschopf fotografiert zwar digital, wandelt die Aufnahmen aber wieder in analoge Negative um, von denen ausgehend sie ihre Werke komponiert und oft auch koloriert. Auch die Arbeiten aus der aktuellen Serie „Versus“ beschäftigen sich mit Architektur. In diesem Fall mit jener von Oscar Niemeyer, dessen Bauten in Brasília zum Ausgangspunkt für Inszenierungen wurden. Graschopf fotografierte vor Ort, setzte die modernistische Eleganz und gleichzeitige Erhabenheit in Relation zur Körperlichkeit. Doch es geht um Standpunkte, die zu Perspektiven führen: Was real scheint, kann auch nur die Fotografie einer Spiegelung sein, oder gar eine Fotomontage. Genauso wie gekippte Bilder, die Infrage stellen, wie sehr unsere Wahrnehmung von einer eurozentristischen Weltsicht beeinträchtigt wird – ganz in Analogie zur Frage nach dem Illusionismus, der der Fotografie innewohnt.
Severin Dünser, Kurator
———
Fotografie auf Beton, koloriert, 40 x 60 cm, 2023, Unikat
———
Fotografien auf Faserzement, teilweise koloriert, 44 x 62 cm + 22 x 32 cm, Edelstahlrahmen, 2023, Unikate
———
Fotografien auf Schleifpapier, 24 x 29 cm, 2023, Unikate und Editionen