In den Arbeiten der Serie Federleicht nimmt Birgit Graschopf Mehrdeutigkeiten wie auch vermeintliche Widersprüche in den Blick: In ihren geheimnisvollen und enigmatischen Bildwelten lässt sie atmosphärisch dichte Narrationen entstehen, die von vereinzelten, stets weiblichen Figuren eingenommen werden. Fragil und isoliert können die Gestalten als unfreiwillig einsam oder selbstgewählt allein gelesen werden – die Deutung liegt (zuletzt) in der individuellen Betrachtung.
Die Protagonistinnen werden in spezifischen Räumen und Architekturen verortet, die temporär oder dauerhaft verlassen anmuten, doch durch die ins Bild gesetzten Figuren neu besetzt und aufgeladen werden. Autonom agierende Schatten und Schemen, Doppelungen und Fragmente verrätseln die Gestalten, es öffnen sich Assoziationsräume zur surrealistischen Fotografie und der Malerei der Romantik.
Eine spezifische Bedeutung kommt dabei dem Licht zu: So fotografiert Birgit Graschopf immer in vorhandenen Lichtsituationen, sei es bei Tageslicht oder bei nächtlichem Kunstlicht – ganz im Sinne Caspar David Friedrichs, der zum Prozess der Bildfindung festhielt: „Bringe ans Licht, was du in der Dunkelheit gesehen hast.“
Dieser Ambiguität auf inhaltlicher Ebene entspricht jene der Materialität der Bildträger: So belichtet Birgit Graschopf in einer meisterhaften Verbindung der Sphären analoger und digitaler Fotografie ihre zuvor digital bearbeiteten Bilder schließlich in der Dunkelkammer auf Beton oder Schleifpapier. Beide Materialien sind nur auf den ersten Blick hart und schwer. Die von der Künstlerin selbst gegossenen Betonplatten zeigen Spuren des Entstehungsprozesses – etwa in ihrer spezifischen Farbigkeit und den eingeschlossenen Luftbläschen. Die industriell gefertigten Schleifpapiere weisen je nach Körnung individuelle Charakteristika auf: Die raue Oberfläche erschließt bei näherer Betrachtung eine glitzernd-samtene Ästhetik, die zerbrechlich und schwerelos anmutet.
Indem Birgit Graschopf ihre fotografischen Bilder an der Wand, aber auch als skulpturale Setzungen – ob auf Augenhöhe oder in Bodennähe – im Raum verortet, greift sie in der Präsentationsform die innerbildlichen und materiellen Kippmomente auf.
- Veronika Rudorfer
Fotografien, belichtet auf Beton, Schleifpapieren und Faserzementen. Teilweise handkoloriert. Unikate. 2024
Federleicht auf der SPARK Art Fair 2024
Galerie Rudolf Leeb. Marx Halle Wien. Messestand, Foto 1: © Joanna Pianka Foto 2: © Kurt Prinz